Dietmar Woidke (SPD) hat die Messlatte für das Bewerten seiner Arbeit in Holzdorf sehr hoch gelegt. Wenn der Ministerpräsident des Landes Brandenburg zu seinem Wort steht, dann könnte das auch Folgen für die Einwohner im Osten des Landkreises Wittenberg haben. Der Standortälteste und Kommandeur des Einsatzführungsbereiches 3, Oberst Franz Sauerborn, hatte den Neujahrsempfang am Donnerstagabend nämlich genutzt, um Landes- und Bundespolitikern ins Gewissen zu reden.
Veränderungen angemahnt
Fliegerhorst und Luftwaffenkampfführungsanlage seien von den dienstlichen Gegebenheiten, insbesondere im Bereich Infrastruktur, hervorragend. „Nachbesserungsbedarf besteht jedoch hinsichtlich der Attraktivität für Familien, die bereits hier leben oder die Region als Lebensmittelpunkt ins Auge fassen.“ Bei der Kleinkindbetreuung bis hin zur Einschulung würden „paradiesische Verhältnisse“ herrschen, doch bei anderen Wohlfühlfaktoren finde man die Region „deutlich im hinteren Feld“ wieder. Franz Sauerborn nannte das unbefriedigende Arbeitsplatzangebot, die ungenügende Verkehrsinfrastruktur, das geringe Angebot an weiterführenden Schulen, die mangelhafte fachärztliche Versorgung und das eher dürftige Kultur- und Freizeitangebot.
Der vor fast zehn Jahren gegründete Städtebund „Elbe-Elsteraue“, dem der Bundeswehrstandort angehört und dessen Arbeit über die Grenzen dreier Bundesländer unbürokratisch laufe, habe kleinere Erfolge vorzuweisen. „Aber die Region wartet schon zu lange, dass etwas ,Großes’ geschieht. Die für die Region bedeutsamen Themen können nur in einem ganzheitlichen Ansatz und nur mit Unterstützung der betroffenen Landesregierungen und des Bundes angegangen werden.“ Es gelte „unverzüglich anzugreifen, um dem allgemeinen Trend hin zu einer ,Pendlergesellschaft’ und zu rückläufigen Bevölkerungszahlen in strukturschwachen Regionen, insbesondere bei jungen Familien, entgegenzuwirken“.
Unverzüglich - dieses Wort griff Brandenburgs Ministerpräsident, der seit August im Amt ist, auf. Woidke wolle sich nach eigenem Bekunden unverzüglich über die aktuellen Bedingungen informieren lassen. Er werde mit Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff und Innenminister Holger Stahlknecht (beide CDU) reden, „um die dringendsten Fragen für Sie zu lösen“. Man werde die Arbeit des Ministerpräsidenten an den Erfolgen nach dieser Zusage messen, erwiderte Franz Sauerborn darauf.
2013, so hatte der Oberst zuvor geäußert, sei erneut ein Jahr der Umbrüche, Kriege, Krisen, Katastrophen und Überschwemmungen gewesen. Sauerborn ging besonders auf den Krieg in Afghanistan ein, während im Hintergrund Bilder aus dem asiatischen Land, darunter Aufnahmen vom Annaburger Sven Gückel, zu sehen waren. Sauerborn hatte dort im vergangenen Jahr selbst für mehrere Monate einen Einsatz. Er kennt natürlich aus Diskussionen das Für und Wider zu dem Bundeswehr-Engagement in Afghanistan in der Öffentlichkeit und in der Bundeswehr. Nach seinem Eindruck überwiege die Einschätzung, dass der Einsatz nichts gebracht habe und das internationale Engagement sowie die vielen Gefallenen umsonst gewesen seien. Er teile diese Auffassung nicht. „Mir hat sich ein anderes Bild geboten.“ Er habe sehr viele positive Entwicklungen und Errungenschaften gesehen und eine Aufbruchsstimmung verspürt, „die mich zuversichtlich für die Zukunft Afghanistans stimmt“. Sauerborn ist überzeugt, „dass vieles heute besser ist als zu Beginn der ISAF-Mission, aber es ist noch lange nicht alles gut“. Das arme Afghanistan sei derzeit nicht stabil genug, um sich ohne Hilfe von außen friedlich zu entwickeln.
Im vergangenen Jahr befanden sich 150 Frauen und Männer des Standortes Holzdorf im Auslandseinsatz. Alle seien unbeschadet zurückgekehrt bzw. beim Erfüllen ihrer Aufgaben auf dem Balkan, in der Türkei, in Mali und in Afghanistan wohlauf.
Wie viel in einer Extremsituation geleistet werden kann, habe das Hochwasser im Juni gezeigt. 579 Soldatinnen und Soldaten sowie 52 Zivilbeschäftigte aller Verbände und Dienststellen des Fliegerhorstes mühten sich, um das Schlimmste zu verhindern. 28 Hubschrauber waren kurzfristig in Holzdorf für Hilfseinsätze stationiert worden. Es wurde unverzüglich gehandelt.